Wie kann der Vereinssport ein Ort bleiben, an dem sich alle sicher fühlen, sowohl körperlich wie auch emotional? Diese Frage stand im Zentrum des Workshops „Gewalt(prävention) im Sport“, den TEAM Sport-Bayern als safe sport-Schulung im Rahmen der Trainerfortbildung des Bayerischen Kanu-Verbandes (BKV) durchführte.
Am 19. Oktober 2025 waren dazu 11 Trainerinnen und Trainer des BKV ins Bundesleistungszentrum am Augsburger Eiskanal gekommen. Sie folgten der Einladung nicht, weil etwas schiefläuft, sondern weil sie als Trainer Verantwortung übernehmen und vorangehen wollen. Denn aus Erfahrung wissen sie, dass dort, wo Menschen eng miteinander trainieren, reisen und sich vertrauen, vor allem im Umgang mit Nähe, Sprache und persönlichen Grenzen, braucht es auch klare Regeln, Bewusstsein und Sensibilität.
Warum Safe Sport?
Geleitet wurde der Workshop von der Dipl. Sozialpädagogin und erfahrenen Seminarleiterin Karin Mußner, die als Landestrainerin und Safe Sport-Beauftragte im Bayerischen Eissport-Verband das Thema mit klarem Sportpraxis-Fokus anging. In ihrem Impuls ging es nicht nur um Statistiken und Studien, sondern vor allem um Haltung: „Prävention beginnt, bevor etwas passiert“.
Mit eindrücklichen Beispielen zeigte Karin auf, wie vielschichtig das Thema Gewalt im Sport sein kann: von körperlicher und sexualisierter Gewalt über verbale Grenzverletzungen bis hin zu Drucksituationen im Trainingsalltag. Besonders betroffen sind dabei Kinder, Jugendliche oder Menschen mit erhöhtem Schutzbedarf.
Was kann konkret passieren und was hilft in der Praxis?
In Kleingruppen diskutierten die Teilnehmenden typische „brenzlige Situationen“ aus dem Trainingsalltag im Kanusport. Die Bandbreite war groß. Sie reicht vom Duschen und Umziehen im Team über das Übernachten von gemischten Gruppen im Trainingslager, das Wiegen bei Leistungstests, Handynutzung im Umkleidebereich, das Versenden persönlicher Leistungsdaten in Gruppen-Chats bis hin zu Angstsituationen, die etwa aus dem unterschwelligen Zwang entstehen können, schweres Wildwasser zu fahren, obwohl jemand sich (noch) nicht sicher fühlt. Als brenzlig werden immer auch dumme Sprüche oder Beschimpfungen wahrgenommen, die von den Sportlerinnen und Sportlern schnell als verbale Grenzverletzung empfunden werden können. Aus der Erfahrung der Teilnehmenden sind all diese Situationen aber nicht immer eindeutig, umso mehr verlangen sie nach Klarheit und professionellen Umgang.
Was bleibt hängen? Was kommt als Nächstes?
Das Workshop-Team war sich einig: Es braucht nicht immer große Vorfälle, um das Thema Gewalt und Gewaltprävention im Sport als wesentlichen Teil der Arbeit von Trainerinnen und Trainern zu verstehen. Vielmehr hilft es, über Unsicherheiten offen zu sprechen. Denn dann können „böse Überraschungen“ idealerweise gar nicht erst passieren.
Als wichtigste Learnings nahmen die Teilnehmenden des Workshops aus Augsburg mit:
In Vereinen mit einer klar kommunizierten „Kultur des Hinsehens“ ist das Risiko für alle Formen sexualisierter Gewalt signifikant geringer.
Wegmarken dorthin sind:
- Kommunikation auf Augenhöhe: Neutrale Sprache, klare Ansprache, offene Rückmeldung
- Transparenz im Team: Erwartungen und Grenzen gemeinsam klären, z. B. bei Elternabenden oder Mannschaftsbesprechungen
- Digitale Räume regeln: Umgang mit WhatsApp-Gruppen, Leistungsdaten und Fotos klar definieren
- Körperliche Nähe reflektieren: Auch bei ungewollten, nicht übergriffig gemeinten Berührungen Grenzen akzeptieren
- Klare Zuständigkeiten schaffen: Wer hört zu? Wer vermittelt? Wer trägt Verantwortung?
Demokratie im Sport bedeutet auch, Räume zu schaffen, in denen sich alle , unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder Erfahrung, sicher fühlen. Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Vertrauen. Um Mitreden und Mitentscheiden. Und um das gute Gefühl, als Trainer/in oder Betreuer/in die richtigen Worte und Werkzeuge zu haben, wenn es darauf ankommt.
Mit dem TSB-Projekt „Sport schafft Werte“ bietet TEAM Sport-Bayern genau dafür die Plattform: präventiv, praxisnah und mit Respekt vor den realen Herausforderungen im Sportalltag. Die Kanu-Trainerinnen und ‑Trainer in Augsburg waren sich einig: „Das war ein richtig guter Workshop, der unseren Blick geweitet und uns neue Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt hat.“
